21.02.2022 | Jonas Barwinski: Der „Mythos“ Hermannslauf

von | Feb 21, 2022 | Wissenswertes | 0 Kommentare

Der Hermann, wie der Hermannslauf kurz genannt wird, verdankt seine Bezeichnung dem Cherusker Arminius bzw. zu Deutsch Hermann, dem Cherusker. Im Jahr 9 n. Chr. schlug er in der Varusschlacht im Teutoburger Wald die römischen und eigentlich überlegenen Legionen vernichtend. Ein ehrwürdiger Name also für einen Lauf, der weit über die Grenzen von Ostwestfalen hinaus bekannt ist.

Jeder Läufer denkt sofort an etwas Mythisches, wenn er den Namen des Laufes hört. Das vielleicht Beeindruckendste am Lauf steht gar nicht so offensichtlich im Zentrum. Denn zu Beginn der Veranstaltung startet der Lauf am über 50 m hohen Hermannsdenkmal, das man immer schon von der Autobahn aus erkennen kann. Die Meute der startenden Läufer rennt erst ein Stück dem Denkmal entgegen, bevor sie dann auf der Mitte der breiten Allee in den Wald abbiegt.

Auf den ersten Kilometern geht es nur bergab, hier lautet mein Tipp: Nicht zu schnell herunterlaufen, sonst macht ihr euch die Beine schwer! Die ersten 5 Kilometer rollen also ganz flüssig und relativ gleichmäßig bergab. Dann kommt ein Abschnitt, auf dem zum ersten Mal so richtig die Konzentration gefordert ist. Denn man sollte nicht auf dem sandig-erdigen Boden des breiten Hauptweges im Wald laufen, sondern auf dem schmalen, festgetretenen Pfad links von diesem. Was meine ich genau mit Konzentration? Dadurch, dass der Weg so schmal ist und einige Wurzelhindernisse bereithält, muss man sich seiner Schritte bewusst sein. Hier kann man das erste Mal den Fokus bekommen, den man dann spätestens für die Anstiege braucht. Leichte, mit Sand gespickte Anstiege gibt es ein paar vor dem ersten berühmt-berüchtigten Stimmungs-Hotspot der Strecke. Diesen markiert die Panzerstraße. Hier stehen die Menschen wie bei der Tour de France Spalier. Das führt zu einem Endorphinkick, der wiederum für die Forcierung des Tempos verantwortlich ist. Wir laufen ungefähr 800 m auf der Straße, die zu einem Militärgelände führt und daher ihren Namen hat.

Nun biegen die Sportler wieder nach rechts in einen Waldabschnitt ein, der leicht ansteigt. Ich lasse es noch gemütlicher angehen, denn vor mir liegen noch ca. 20 km.

Auf halber Strecke machen mir das wellige Profil und zwei knackige Anstiege über mehrere hundert Meter etwas zu schaffen. Der wohl bekannteste Anstieg des ganzen Laufes liegt vor mir. Der Tönsberg zaubert jedem Sportler Schweißperlen auf die Stirn. Der Anstieg des Tönsberg ist laut Strava 400 Meter lang und besitzt auf diesen eine Steigung von 9 %. Autsch! Hier laufe ich besser mein eigenes Tempo und höre auf meinen Körper. Der Puls darf nicht zu sehr in die Höhe schießen. Auch wenn ich überholt werde, bleibe ich in meinem Rhythmus.

Aber ich denke bereits an den dritten markanten Punkt der Strecke, an dem immer Party- bzw. Volksfeststimmung herrscht. Ja; sogar in Zeiten der Pandemie! Mehr als 1000 Menschen jubeln den Teilnehmern im Kern des Bergdorfes Oerlinghausen zu, bevor es für uns weiter in Richtung Schopketal geht. Noch so ein Kick!

Das Schopketal markiert den tiefsten Punkt der Strecke. Hier ist es meist eher etwas ruhiger als an den anderen markanten Stellen der Strecke.

Von hier aus geht es hinüber zum unregelmäßigsten Teil der Strecke, den Lämmershagener Treppen. Diese bestehen aus alten Holz-Trittstufen und sind in zwei aufeinanderfolgende Abschnitte unterteilt. Den ersten Abschnitt muss man hochkraxeln. Anstelle des 2. Abschnitts kann man jedoch die sogenannte Weichei-Route nehmen. Mein Gedankengang im Lauf war dieser: Die Treppen sind sehr steil und nehmen mir den Rhythmus. Also bin ich die Weicheier-Route hochgelaufen. Und weiter geht der Rausch durch den Teuto. Schon bald erreichen wir den Eisernen Anton. Das Eiserne an diesem ist, dass nach der Straßenüberquerung noch einmal Treppen und ein paar fiese Anstiege bezwungen werden müssen. Ab dem eisernen Anton können nochmal alle Kräfte mobilisiert werden. Man kann an seine Kraftreserven gehen, denn es sind nur noch fünf Kilometer bis zum Ziel.

Dann hat man es aber fast geschafft, denn man kann vom Kamm aus, auf dem man läuft, schon das Bielefelder Zentrum sehen. Der letzte Teil der Strecke führt auf der Promenade geradewegs zur Sparrenburg. Diese Meter fallen mir trotz dicker Beine leicht, da bereits 2 km vor dem Ziel Zuschauer stehen.

Im Ziel fühlen sich die Beine dann doch schon etwas schwerer an, denn die sich abwechselnden Passagen des Auf- und Ablaufen hinterlassen ihre Spuren. Im Zielbereich erwartet euch eine gute Verpflegung. Die Organisation des Laufes ist ebenfalls sehr gut. Die Kleiderbeutel, welche man vor dem Start am Hermannsdenkmal abgegeben hat, bekommt man unmittelbar an der Sparrenburg wieder zurück.

Aufgrund seiner Tradition und seines Mythos ist der Hermannslauf für mich ein absolutes Muss für alle Langstreckenläufer/Langstreckenläuferinnen. Die Strecke ist sehr facettenreich und wird euch ganz bestimmt fordern!

Bild: Martin Franzke
Bild: Martin Franzke