Inge Ewald

von | Okt 31, 2022 | Stories | 0 Kommentare

Ich bin Inge, 34 und seit Anfang 2022 am Start bei Fit2Run.

„Was hat dir das Laufen bisher gebracht?“, hat Martin mich gefragt, etwa 8 Monate, nachdem ich von 0 auf gestartet war und ich wusste direkt eine Menge… Um das wirklich zu beantworten, muss ich etwas weiter ausholen.

Fangen wir mal ganz früh an mit dem festen Glauben über mich selbst, dass ich keine Läuferin bin.

800m haben mich in der Schule in Versagensängste, Übelkeit und zur Schau gestelltes körperliches Abschmieren geführt. Japsend, mit hoch rotem Kopf am Boden liegend, wissend, dass ich trotz Seitenstichen und obwohl ich alles gegeben hatte, was ich konnte einfach nicht gut genug war. Nicht einmal für eine 4 als Benotung. Kleinere Kinder sind manchmal neben mir hergelaufen, um mir zu zeigen wie schnell sie sind und wie langsam ich.

Wir sind auf dem Ascheplatz neben unserer Schule gelaufen. Wer eine Freistunde hatte, konnte uns zusehen. In der Grundschule war es nicht viel besser, lediglich ohne externe Zuschauer.

Alle anderen sportlichen Disziplinen konnte ich ziemlich gut. Es endete dennoch jedes Jahr mit einer 2 in Sport. Laufen hat mich immer nach unten gezogen.

Jedes Mal, wenn es hieß „Bald kommt wieder Ausdauerlauf.“, hätte ich Wochen vorher im Erdboden versinken können, hatte vorweg schon Ängste und Magenschmerzen.

So entwickelte sich ein diffuser, lähmender, unbewusst angesteuerter Angstschmerz, den ich sogar in der ersten Leistungstestwoche bei Fit2Run noch bzw. wieder spüren konnte, in der es lediglich darum geht das aktuell persönliche Leistungslevel herauszufinden. Das altbekannte Gefühl hatte ich nicht Wochen vorher, aber trotzdem war es ein ordentlicher Schritt durch meine eigene alte Angst hindurch.

Eines habe ich in den letzten Jahren, in denen ich selbst Coach und Resilienz-Trainerin wurde, gelernt. Du knackst ein Thema nur, in dem du dich ihm stellst und durch deine Angst gehst, statt auszuweichen. Sonst bleibt sie dir im Nacken und behält die Macht über dich. Und nur weil wir etwas über uns glauben, muss es noch lange nicht wahr sein.

Ich wollte mir selbst zeigen, dass der Glaube keine Läuferin zu sein, Bullshit ist. Noch dazu habe ich viel über die positiven psychologischen Auswirkungen von Bewegung und Natur gelernt. Da ist Laufen optimal.

Da kam mein Arbeitskollege Ralf ins Spiel. Er erzählte mir von Nicole und Martin, ihrem Konzept und wie sie auf die persönliche Form der Leute eingehen. Wie systematisch und ohne Druck gesehen wird, was man kann und nicht, was man nicht kann. Das war der Moment, in dem ich mich zum Anfängerkurs angemeldet habe.

Ohne Sorge und wirklich leicht konnte ich mein Pensum steigern. Disziplin und einen starken Willen habe ich schon immer. Ich brauche nur einen Plan, wie. Der kam von Nicole und Martin und ehe ich mich versehen konnte waren die 60min Laufen geknackt und die positiven körperlichen, wie psychischen Auswirkungen gleich mit eingesackt. Wusstest du, dass Bewegung und Natur antidepressiv wirken?

Aufhören wäre jetzt irgendwie dumm gewesen. Ohne Struktur hätte ich alleine allerdings sicher irgendwann aufgehört.

Dann kam jedoch mein nächstes persönliches Meisterthema… mein Gewicht. Mit 15 war ich für kurze Zeit, aber dennoch stark untergewichtig bis hin zu drohenden Organproblemen. Das Laufen verbrennt Kalorien und mein Gewicht sank damit auch und ich bekam ein leichtes Flashback, denn da wo ich damals körperlich war, gehe ich bei aller Liebe nicht wieder hin. Offensichtlich war es der genau richtige Zeitpunkt für diese Challenge mir zu beweisen, dass ich auch das Thema erfolgreich geknackt habe, denn ich hab’s im Griff und muss das Laufen weder runterfahren, noch stoppen. Das macht mich mächtig stolz – ehrlich gesagt.

Und nun werde ich mit dieser Story in Hamburg beim Halbmarathon ins Ziel laufen und das wäre sicher nicht möglich gewesen, wenn die Philosophie, die Nicole und Martin leben, eine andere wäre und ich mich meinen Themen nicht gestellt hätte.

Neben all dem bringt mir das Laufen Zeit für mich, nette Menschen, kleine eigene Erfolge, Freude, Ausgleich… mein früheres Ich würde lachen, dass das alles möglich ist.

Bild: Inge Ewald